Einleitung
Dieser Anwendungshinweis beschreibt, wie ein Oszilloskop-Tastkopf das Signal verändert, das Sie am Testpunkt messen und welche Spezifikationen für den Tastkopf zu beachten sind, um die Auswirkungen des Tastkopfes zu minimieren. Eine Messfalle, die Benutzer oft vergessen oder übersehen, sind die Auswirkungen der Tastkopflast. Die Wahl eines Oszilloskop-Tastkopfes sollte die folgenden Kriterien erfüllen:
- Zuverlässige Übertragung des Signals von Ihrem zu prüfenden Gerät an das Oszilloskop
- Keine Störungen! Das bedeutet, dass Sie einen Tastkopf wählen sollten, der das Signal am Prüfpunkt so wenig wie möglich verändert.
Würden Sie erwarten, dass sich die Schaltung anders verhält, wenn ich einen 15 pF-Kondensator an einer beliebigen Stelle in Ihrer Schaltung an die Masse löte? Natürlich würden Sie das. Weil ein Oszilloskop-Tastkopf eine Kapazität, einen Widerstand und eine Induktivität hat, beeinflusst er das von Ihnen gemessene Signal und kann den Betrieb der Schaltung beeinträchtigen. Um eine Spannungswellenform auf dem Oszilloskop zu erzeugen, muss die Tastspitze einen gewissen Strom aufnehmen; sie ist leitend. Da die Tastspitze einen gewissen Strom aufnehmen muss, stört oder belastet sie den Stromkreis. Es gibt zwei Spezifikationen für Tastköpfe, die sich auf die Belastung des Stromkreises durch den Tastkopf beziehen. Diese Belastungsfaktoren sind der Eingangswiderstand und die Eingangskapazität. Ein Beispiel für die Datenblattspezifikationen der Eingangsimpedanz des Tastkopfes und ein Beispiel dafür, wie diese Spezifikationen modelliert werden können, sind in Abbildung 1 dargestellt.
Spezifikation des Eingangswiderstands
Untersuchen wir zunächst die Spezifikation des Eingangswiderstands. Der Eingangswiderstand der Sonde und des Oszilloskops verringert die Amplitude des zu prüfenden Signals, wie in der Wellenform auf der rechten Seite von Abbildung 2 dargestellt. Die Wellenform des geladenen Signals ähnelt stark dem Quellsignal, die Amplitude ändert sich jedoch. Wie stark die Amplitude des Quellsignals reduziert wird, hängt im Allgemeinen vom Quellenwiderstand ab, da die meisten mit einem Oszilloskop gelieferten passiven Tastköpfe einen sehr großen Eingangswiderstand von 10 MΩ aufweisen.
Der Eingangswiderstand des Tastkopfes in Kombination mit dem Eingangswiderstand des Oszilloskops bewirkt, dass das Messsystem wie ein Spannungsteiler wirkt. Die Berechnung für die Auswirkung des Eingangswiderstands ist in Gleichung 1 dargestellt.
Im Idealfall wäre VMess gleich VQuelle, da das Signal am Prüfpunkt unverändert bliebe. In der Realität hat der Eingangswiderstand des Tastkopfes und des Oszilloskops einen gewissen Einfluss auf die gemessene Amplitude. Um die Widerstandsbelastung zu minimieren, haben die Tastköpfe in der Regel einen großen Eingangswiderstand. Bei den meisten Anwendungen ist es unwahrscheinlich, dass der Eingangswiderstand eines Tastkopfes zu einer signifikanten Belastung des Tastkopfes führt, da die meisten passiven 10X-Tastköpfe im Lieferumfang eines Oszilloskops einen Eingangswiderstand von 10 MΩ vorweisen. Gleichung 2 zeigt, wie der große Eingangswiderstand eines Systems eine sehr geringe Belastung oder Störung des Stromkreises verursacht.
Wie aus Gleichung 2 hervorgeht, hat der große Eingangswiderstand von 10 MΩ eines Messsystems nur einen geringen Einfluss auf das gemessene Signal. In diesem Beispiel wird das gemessene Signal mit 4,9995 V berechnet, was 99,99 % des 5-V-Quellensignals entspricht. Die Überprüfung von Gleichungen und Modellen hilft dabei, einen akademischen Überblick über den Eingangswiderstand zu erhalten. Die beste Methode, um die Auswirkungen der Tastkopflast zu erkennen, besteht jedoch darin, zu zeigen, wie sich das Signal am Prüfpunkt ändert. Abbildung 3 zeigt einen Prüfaufbau mit einer Spannungsquelle mit 50 Ω Quellwiderstand, einer Prüfvorrichtung und einem Oszilloskop. An der Prüfvorrichtung sind ein 200 Ω-Widerstand und ein Drehkondensator angelötet. Sie können deutlich sehen, dass die Prüfvorrichtung direkt mit dem Oszilloskop verkabelt und der Ausgang der Prüfvorrichtung an Kanal 1 angeschlossen ist. Dieser Aufbau soll zeigen, was am Prüfpunkt geschieht und die Auswirkungen der Tastkopflast beobachten. Das Oszilloskop zeigt den Ausgang der Prüfvorrichtung an, nicht den Ausgang eines Tastkopfes.
Bei 10 MΩ wäre es schwierig, die Auswirkungen des Eingangswiderstands am zu prüfenden Gerät zu erkennen. Um zu sehen, wie sich der Eingangswiderstand auf das Signal am Prüfpunkt auswirkt, zeigt Abbildung 4 die Auswirkungen des in die Prüfvorrichtung eingelöteten 200 Ω-Widerstands, um den Effekt zu verstärken. Die Referenzwellenform ist das Quellsignal und Kanal 1 ist das Quellsignal, welches durch den Eingangswiderstand des 200 Ω Widerstandes belastet wird. Die Messungen werden eingeschaltet, um die Amplitude und die Anstiegszeit sowohl der Referenzwellenform als auch der geladenen Wellenform zu beobachten. Die Kurvenform des geladenen Signals ähnelt dem Quellsignal genau wie die Anstiegszeit, die Amplitude wurde jedoch verringert.
Spezifikation der Eingangskapazität
Bei der Auswahl des richtigen Tastkopfes achten die meisten Anwender auf die Bandbreite, den dynamischen Bereich und vielleicht sogar auf den Eingangswiderstand des Tastkopfes. Bei der Bewertung der Belastungseigenschaften eines Tastkopfes sehen die meisten Benutzer den Eingangswiderstandswert von 10 MΩ und schließen daraus, dass der Tastkopf über ausreichende Belastungsmöglichkeiten verfügt. Eine kritische Tastkopfspezifikation, die fast immer übersehen wird, ist die Eingangskapazität des Tastkopfs. Bei der Messung von Signalen mit niedrigeren Frequenzen hat die Kapazität des Tastkopfes einen sehr hohen Blindwiderstand und die Tastkopflast ist nicht besonders hoch. Mit zunehmender Frequenz des gemessenen Signals sinkt jedoch der kapazitive Blindwiderstand. Bei höheren Frequenzen nimmt die Impedanz des Tastkopfes ab, was zu einer wesentlich höheren Belastung des Tastkopfes führt. Je größer die Eingangskapazität des Tastkopfes ist, desto mehr stört oder belastet er den Stromkreis, wenn die gemessene Frequenz steigt.
Die Auswirkung der Eingangskapazität ist in der Wellenform rechts in Abbildung 5 dargestellt. Im Vergleich zum Quellsignal weist die Wellenform, auf die ein größerer Wert der Eingangskapazität einwirkt, eine abgerundete vordere Ecke auf. Ein großer Kapazitätswert hat schwerwiegende Folgen, da die Vorderflanke des Signals den Hochfrequenzanteil enthält. Wenn dieser kritische Signalgehalt beeinträchtigt ist, muss man sich die Frage stellen, ob die Messergebnisse zuverlässig sind. Bei der Auswahl eines Tastkopfes müssen Anwender eine Lösung mit der geringsten Eingangskapazität finden.
Unter Verwendung des einfachen Modells aus Abbildung 5 zeigt eine Gleichung erster Ordnung, dass eine größere Eingangskapazität zu deutlich langsameren Anstiegszeiten und einer geringeren Bandbreite führt. Basierend auf der Berechnung der Anstiegszeit in Gleichung 3 besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer größeren Eingangskapazität und langsameren Anstiegszeiten.
Unter Verwendung des Prüfaufbaus aus Abbildung 3 wird der in die Prüfvorrichtung eingelötete Drehkondensator nun an die Signalstreifenleitung angeschlossen, um die Auswirkungen der Tastkopfeingangskapazität zu zeigen. In Abbildung 6 ist die Auswirkung der kapazitiven Belastung dargestellt, wobei der Drehkondensator auf 50 pF angepasst ist. Auch hier wird das Quellsignal als Referenzsignal mit der Bezeichnung R1 dargestellt und Kanal 1 ist der Ausgang des Prüfgeräts, also die Wellenform, die durch den variablen Kondensator geladen wird.
Die Messungen zeigen die Unterschiede in Amplitude und Anstieg zwischen der Referenzwellenform und der geladenen Wellenform, wobei der Einfluss der kapazitiven Ladung offensichtlich ist. Die Vorderflanke hat sich abgeschwächt, die Anstiegszeit ist deutlich langsamer und es gibt eine leichte Phasenverschiebung.
Wie belastet der mit dem Oszilloskop gelieferte passive Tastkopf Ihr Signal?
Der Testaufbau in den vorangegangenen Abschnitten verwendete einfache ohmsche und kapazitive Komponenten, um die Auswirkungen des Eingangswiderstands und der Eingangskapazität zu isolieren. Wenden wir uns nun den Auswirkungen der Eingangskapazität zu, die von einigen passiven Tastköpfen verursacht werden, die im Lieferumfang eines Oszilloskops enthalten sind.
Zunächst untersuchen wir die Auswirkungen der Belastung durch einen passiven Tastkopf von Agilent, der standardmäßig mit dem Oszilloskop geliefert wird. Dieser Tastkopf hat viele der Spezifikationen, die Benutzer wünschen: 500 MHz Bandbreite, 300 V CAT II Dynamikbereich und 10 MΩ Eingangswiderstand. Dieser Tastkopf hat eine Eingangskapazität von 9,5 pF, was mit den passiven Tastköpfen anderer Hersteller vergleichbar ist. Unter Verwendung desselben Testaufbaus wie in Abbildung 3 wird der passive Tastkopf von Agilent wie in der oberen linken Ecke von Abbildung 7 gezeigt an die Testvorrichtung angeschlossen. Die Tastspitze wird an den Signalpfad angelegt und eine kurze Massefeder wird mit der Erdung verbunden. Der Einfluss der Eingangskapazität ist offensichtlich. Die vordere Ecke der geladenen Wellenform in Abbildung 7 ist abgeschwächt und die Anstiegszeit ist deutlich langsamer. Das von Ihnen gemessene Signal sieht dem ursprünglichen Quellsignal nur noch sehr wenig ähnlich. Dieses abgeschwächte Signal wird auf seinem Weg durch das Tastkopfkabel zur Kompensationsbox des Tastkopfes und schließlich zum Oszilloskop weiter verändert. Das Prüfsignal muss von dem Tastkopf und dem Oszilloskop rekonstruiert werden, damit es wie das Originalsignal aussieht. Diese Art von Belastung oder Störung hat negative Auswirkungen auf die Validierung wichtiger Schaltungen.
Aufgrund der nachteiligen Auswirkungen kapazitiver Belastung liefert Tektronix mit seinen Oszilloskopen eine neue Serie passiver Tastköpfe, die die branchenweit beste Eingangskapazität von 3,9 pF aufweisen. Bei diesen Produkten handelt es sich um TPP1000, TPP0500B und TPP0250. Wenn ein TPP0500B wie in Abbildung 8 gezeigt an die Prüfvorrichtung angeschlossen wird, sind die Vorteile eines Tastkopfes mit niedriger Eingangskapazität offensichtlich. Das Signal an Kanal 1, das die geladene Wellenform darstellt, ist nahezu identisch mit dem Quellsignal. Auch die Anstiegszeit der geladenen Wellenform wird nur minimal beeinflusst. Auch hier gilt, dass Sie Messungen mit einem Tastkopf durchführen möchten, der möglichst wenig Schaden anrichtet, also das von Ihnen zu messende Signal nur geringfügig beeinträchtigt. Ein passiver Tastkopf mit niedriger Kapazität von Tektronix bietet nahezu die gleichen Vorteile der Tastkopfbelastung wie ein aktiver Tastkopf.
Abbildung 9 vergleicht die kapazitive Last eines standardmäßigen Tastkopfes von Agilent mit der des TPP0500B von Tektronix. Die Unterschiede sind gravierend. In der heutigen Welt haben Signale schnellere Flanken und weniger Spielraum, weshalb sich Entwickler die Mühe machen müssen, zu modellieren, Simulationen durchzuführen und das Design zu validieren. Wenn man so viel Zeit und Mühe in den Entwurfsprozess investiert, möchte man das Messsystem nicht in Frage stellen oder zusätzliche Zeit mit der Fehlersuche aufgrund von Messungenauigkeiten verbringen. In diesem Fall müsste man sich fragen, ob die Auswirkungen der Tastkopflast die Schwachstelle bei der Validierung des Entwurfs darstellen.
Die Auswirkungen der Last eines Tastkopfes können nicht nur Messungenauigkeiten verursachen, sondern auch den Betrieb der Schaltung beeinträchtigen. Im Beispiel aus der Abbildung 10 führte die große Eingangskapazität des Tastkopfs dazu, dass das Signal die kritischen Anforderungen an die Aufbau- und Haltezeit nicht erfüllte. Sie können auch erkennen, wie eine verschlechterte Vorderflanke oder Ringing zu Reflexionen führen kann, die die Signaltreue beeinträchtigen. Bei der Validierung Ihres Designs möchten Sie sich auf keinen Fall mit den Prüfgeräten anlegen. Es ist von entscheidender Bedeutung, einen Tastkopf zu wählen, der weniger Störungen verursacht, indem ein Tastkopf mit niedriger Eingangskapazität gewählt wird.
Wie sich die Tastkopflast auf Ihre Messung auswirkt
Das Video zeigt einen Vergleich zwischen den Vorgängen am Prüfpunkt und dem Ausgang des Tastkopfes. Klicken Sie hier.
Fazit
Bei der Auswahl eines Tastkopfes achten Nutzer zunächst auf die wichtigsten Spezifikationen, wie Bandbreite und Dynamikbereich. Erfahrene Nutzer können sogar den Eingangswiderstand überprüfen, um sicherzustellen, dass er einen großen Wert aufweist. Eine kritische Eigenschaft, die oft übersehen wird, ist jedoch die Eingangskapazität des Tastkopfes. Es ist wichtig, einen Tastkopf mit einer kleineren Eingangskapazität zu verwenden, da dieser weniger Störungen oder eine geringere Last verursachen wird.
Sie könnten einen Tastkopf mit einer größeren Eingangskapazität verwenden und die gewünschten Ergebnisse erhalten. Die Frage ist, ob diese Ergebnisse real und zuverlässig sind. Am Prüfpunkt kann mehr vor sich gehen, als Sie angenommen haben und nur weil der Tastkopf ein erwartetes Signal rekonstruiert, bedeutet das nicht, dass Ihre Ergebnisse korrekt sind. Die Verwendung eines Tastkopfes mit einer kleineren Eingangskapazität verursacht weniger Störungen oder Last am Prüfpunkt, wodurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Sie eine Messung mit größerer Genauigkeit erhalten.
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